Martin Waldes Labyrinth und Türen | |||||||||
zum Unbekannten | Mami Kataoka | |||||||||
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Begriffe: | Mit der Katze weist er darüberhinaus auf das Gedankenexperiment von ›Schrödingers Katze‹ hin, womit der Physiker Erwin Schrödinger zum Verständnis der Grundgleichung in der Quantenmechanik beitrug. Wenn man Waldes Türen als Grenze zwischen Fiktion und Wirklichkeit auffasst, als Türen zur Neugierde, Türen, die das Unbekannte symbolisieren, dann sind die Zeichnungen aus dem Jahr 1996 mit einer unendlichen Folge von Türen nichts anderes als eine labyrinthische Schatzkammer seiner Geschichten und Ideen. Sie verkörpern seine ihm ganz eigene Denkstruktur. Und man kann sagen, dass die Welt hinter der Tür eine paradoxe Welt ist, wie die Welt von ›Schrödingers Katze‹, in der sich entgegen-gesetzte Möglichkeiten überlagern. |
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7 Doors (Storyboard) | |||||||||
Key Spirit | |||||||||
A Stream of Cream - Pumkin | |||||||||
Um Betrachter ins Labyrinth zu locken, bedient er sich hin und wieder schriftlicher An-weisungen, doch zumeist bevorzugt er optische Instruktionen. Dies gelingt ihm z.B., indem er alltägliche Gegenstände auf unkonventionelle Weise einsetzt oder mit Experimenten, die eine Änderung der Situation bewirken, oder durch optische Reize und fremdartige oder fas-zinierende Farben wie Neon. Er wartet auf die spontanen, konditionierten Reaktionen oder Reflexe der Betrachter. | |||||||||
Im Styropor zu pulen oder schleimige Materialien anzufassen, diese Erfahrungen rufen jene instinktive Erregung hervor, wie sie dem zweckfreien, kindlichen Spiel zueigen ist. Der Anblick von Personen, die sich mit seinen Arbeiten beschäftigen, animiert wiederum and-ere Personen zur Beteiligung. Instinktive und unbewusste Handlungen, die man mit Ver-nunft nicht vollständig kontrollieren kann, werden durch Waldes visuelle Anreize unmittelbar be-einflusst. Sigmund Freud prägte den Begriff des Lustprinzips. Damit beschreibt er die Art und Weise, wie Menschen durch fiktive und reale Befriedigung sowie durch Genuss eine psychologische Anspannung und das damit zusammenhängende Unbehagen überwind-en. Die von Walde geschaffenen, verwirrenden Situationen oder Phänomene motivieren uns, das Rätsel zu lösen, und verschaffen so mentale Zufriedenheit. Seinen Verlockungen und Fallen gelingt es, die Grenzen von Kultur, Geschichte und Sprache zu überwinden und Menschen jeden Alters überall auf der Welt anzusprechen. |
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Hinter jeder Tür, so meint man, verbergen sich zahlreiche ungelöste Situationen, die die Geschichte der Menschheit hinterlassen hat. Im Labyrinth von Walde stoßen wir immer wieder auf humoristische Fallen. Vermutlich ist dieses Labyrinth für den Künstler ein unendliches. Ohne Zweifel wird er auch in zehn oder zwanzig Jahren noch den richtigen Schlüssel für die nächste Tür suchen, der es ihm erlaubt, weiterhin die Türen zu seinem Labyrinth zu öffnen, das in seiner Vorstellung unendlich groß erscheint. |
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AutorInnen: | |||||||||
Mami Kataoka | |||||||||
Der Text »Martin Waldes Labyrinth und Türen zum Unbekannten« | |||||||||
von Mami Kataokaerschien im Ausstellungskatalog | |||||||||
» Martin Walde - A Second Home for Schrödinger's Cat « | |||||||||
Hg. Neue Galerie Graz, ZKM - Karlsruhe, Marta Herford, 2010. |