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    Moleküle und Modelle | Rainer Metzger    
         
  Fortsetzung von Seite 2    
         
Begriffe:  

Ob es nun, was es physikalisch gesehen ist, allein als Abfall taugt, oder ob es, praktisch
betrachtet, auch eine gewisse Nützlichkeit beinhaltet lässt Waterpoint natürlicherweise im Vagen. Schliesslich ist Walde – Arbeit bei aller Physikalität und allem Praktischsein das ausgeschlossene Dritte: Sie ist Kunst.

 
Waterpoint    
Blue Dolphin    
Frogs    
Concoctions   Die Investigationen ins Blubbernde und Gelierte, wie sie Martin Waldes Oeuvre ihr spezielles, man könnte sagen: Aroma verleihen, haben ein Pendant in einem Schaffen, dem neuerdings ganz offiziell Kunststatus zugesprochen wird. Ferran Adrià, der katalanische Koch, wird an der documenla XII teilnehmen, und seine Zurichtung von Blasen und Schäumen auf ihre Ess- oder besser Schluckbarkeit hin hat ja auch in einem ganz traditionellen Sinn etwas Virtuoses. Wie Walde geht es Adrià darüberhinaus um die Transformation, um eine spielerisch alchemistisehe Umwandlung von Zuständen in Umstände, um die Metamorphose von Stoffen und ihre Sublimierung in Sinn. Und um
die Inszenierung von Kügelchen: Wenn Adrià Melonen traktiert, bis sie aussehen wie Lachskaviar, und mit seinem „sferificación"-Verfahren alles überhaupt Geniessbare so umformt, dass es sich als runde Gelee- Häufchen darbietet, dann gibt es hier eine Korrespondenz der Molekularartisten, der Walde mit dem plasmatischen Spektakel von Frogs oder Concoctions längst geworden ist. Und wie es sich gehört für inspiriertes
Arbeiten erhebt sich in der Auflösung in kleinste Einheiten der Anspruch auf die Re-Formierung. Die Arbeit am Molekül ist eine Arbeit am Modell. Am Modell der Realität.
 
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Hier bringt sich zur Kenntlichkeit, was in dieser Realität sowieso angelegt ist, und für Walde ist dies nicht zuletzt eine Wirklichkeit des Obsessiven. Das gelinde Manische an menschlicher Tätigkeit legen seine Arbeiten frei, die bestenfalls Selbstvergessenheit und oftmals Zwanghaftigkeit, mit der man sich an Materialien ergeht und vergeht. Tatsächlich ist ein solches Rotieren des Beschäftigungsapparats am Werk, wenn man Hand anlegt an Waterpoint, wenn man von welcher Macht auch immer getrieben sich auf Dinge konzentriert zeigt, von denen nicht nur der Entropiesatz, sondern auch die schlichte Lebenserfahrung
wissen, dass sie zu nichts führen. Dennoch, man tut es, und das Lustvolle am selbstbezogenen Hantieren mag man dabei nichts anderes als geniessen. Der Übergang zum Neurotischen, das sich in der Vorstellung ergibt, eine Handlung bedinge sich von selber, oder zum Rituellen, das die Zuständigkeit für das Handeln einer numinosen
Gestalt überträgt, ist fliessend. Doch im Auto-Nomen der Kunst führt das Auto-Matische einer Beschäftigung mit seiner Auto-Poetik von Sinn geradewegs zur Auto-Grafik eines
 
       
       
       
       
      Der Text »Moleküle und Modelle«
      von Rainer Metzger erschien im
      Ausstellungskatalog »HUMMING«
      Hg. Galerie im Taxispalais
      und Kunsthaus Baselland, 2006.
       
       
AutorInnen:     For the English version use this link:
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