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Die Verführungskraft des Eigenartigen | Roland Nachtigäller |
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Begriffe: |
„Der Regen hat eine angenehme Temperatur" sagt eine schlanke junge Frau zu einem
Mann am Eingang eines U-Bahn-Schachtes. Der reagiert
nicht und geht weiter, während sie ebenfalls
langsam hinabsteigt und sich dem nächsten zuwendet: „Hören Sie mich? Der Regen
hat eine angenehme Temperatur" Obgleich ein solcher Satz die klassische Eröffnung eines unverbindlichen Partygesprächs sein
könnte – ganz im Stile von „Schönes Wetter heute" –,
wirkt er doch unvermittelt und mitten auf der Straße
einer Großstadt seltsam deplaziert – erst recht, wenn
er immer wiederholt wird. Es ist eine Gesprächsaufforderung,
eine Bitte um Kommunikation, aber eben
schon leicht jenseits der ungeschriebenen Regeln
des öffentlichen Lebens; vielleicht verzweifelt, vielleicht
ein wenig verrückt, in ihrer Unmittelbarkeit
aber auf jeden Fall bedrohlich und verwirrend.
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Der Regen hat eine angenehme Temperatur |
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Woobie #2 |
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Handmates |
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Sleeping Beauty |
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Switch |
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Tie or Untie |
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Can You Give Me Something? |
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NOFF #4 |
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Enactments |
Martin Walde begegnet diesen Seltsamkeiten des Alltags
mit der gleichen Verblüffung und Unbeholfenheit
wie die meisten anderen auch: Man schaut weg, versucht
zu ignorieren, eilt weiter. Aber Stunden später,
zu Hause angekommen, holen Walde solche Szenen
wieder ein, und die Protagonisten nehmen in seinen
Zeichnungen erneut Gestalt an. Hier begegnen sich
Realität und Phantasie, Erinnerung und Spekulation,
Foto und Skizze. Martin Walde wählte den Satz der
einsamen Frau am U-Bahn-Eingang nicht nur als Titel
seiner Ausstellung für die Städtische Galerie Nordhorn,
sondern benannte damit auch die zentrale,
raumbildende Installation aus tanzend leichten Segelbahnen
im großen Ausstellungspavillon. Und
das nicht von ungefähr, denn dieser Satz umreißt
tatsächlich die wesentlichen Grundmotive seiner
Projekte. |
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Loosing Control |
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Clips of Slips |
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Der Duft der verblühenden Alpenrose |
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Shrinking Bottles/ Melting Bottles |
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– Kommunikation als Herausforderung. Eine Ausstellung
ist immer eine dialogische Situation, eine
Begegnung des Besuchers mit einer reichen, bisweilen
komplexen Bild- und Ideenwelt. Beim Betreten
eines Ausstellungsraums aber weiß man trotz eventueller
Vorinformation in der Regel nicht genau, was zu
erwarten ist. Eher wird der Besucher von den ausgestellten
Arbeiten ebenso unvermittelt angesprochen
wie vielleicht von jener durch die U-Bahn-Schächte
irrenden Frau. Und selbst wenn es – gerade auch
mit Blick auf einige künstlerische Entwicklungen der
letzten Jahre – vielleicht ein wenig theatralisch oder
idealistisch klingt: Jedem Künstler, und Martin Walde
ganz besonders, geht es auch darum, über seine
Werke in Kontakt mit dem Publikum zu treten, hartnäckig
einen Dialog zu beginnen und zu einer (nicht
unbedingt immer handgreiflichen) Reaktion herauszufordern. |
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Martin Walde treibt diese Begegnung zwischen
Künstler, Ausstellungshaus, Werk und Publikum auf
die Spitze, indem er seine Ausstellungen grundsätzlich
als offene Situationen inszeniert, die lediglich
aus Angeboten bestehen, ... (Fortsetzung nächste Seite) |
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AutorInnen: |
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Roland Nachtigäller |
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