Die Verführungskraft des Eigenartigen | Roland Nachtigäller | |||||||
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Begriffe: | ... nicht aber aus Regeln oder festen Vorgaben. Obgleich viele seiner Arbeiten äußerst fragil sind und eine behutsame, wenn auch physische Begegnung erfordern, nimmt er doch keine Stellung dazu, ob und wie das Ausgestellte zu sichern, was damit anzustellen ist und an welchem Punkt des handelnden Eingreifens der Moment von Erkenntnis wartet. Ob man mit einer großen Schneiderschere fiktive Labels aus einer Stoffbahn schneiden kann (Woobie #2), ob seltsam weiche Handschmeichler zu befühlen sind (Handmates), ob man sich an einem klingelnden Handy melden soll (Sleeping Beauty) oder ob eine unvermittelt im Weg stehende Wand aus biegsamen Stangen zu durchschreiten ist (Switch) – nie äußert sich Walde konkret dazu, was der Besucher tun kann oder soll, geschweige denn, ob und wie die Ausstellungsleitung die provozierten Handlungen kanalisieren, verhindern, fördern oder nur dulden soll. Waldes kommunikative Installationen fordern zu einer Eigenverantwortlichkeit heraus, die dem ästhetischen Wert der einzelnen Objekte eine hohe Ausstrahlungskraft zuspricht. Und verblüffenderweise funktioniert genau das: Schafft es das Ausstellungshaus, eine anregende, neugierig machende Atmosphäre rund um die Präsentation herzustellen, dann teilt sich der Grad der Benutzbarkeit, das Maß an Behutsamkeit oder Entschlossenheit tatsächlich in einer Weise mit, daß bis zum Schluß immer wieder neue dialogische Situationen der Besucher untereinander, mit den Werken und innerhalb des Museums möglich bleiben. |
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Der Regen hat eine angenehme Temperatur | |||||||
S. 1, 3 | |||||||
Woobie #2 | S. 2 | ||||||
Handmates | S. 2 | ||||||
Sleeping Beauty | S. 2 | ||||||
Switch | S. 2 | ||||||
Tie or Untie | S. 2 | ||||||
Can You Give Me Something? | S. 2 | ||||||
NOFF #4 | S. 2, 4 | ||||||
Enactments | S. 2, 3 | ||||||
Loosing Control | S. 3 | ||||||
Clips of Slips | S. 3 | ||||||
Der Duft der verblühenden Alpenrose | |||||||
S. 3 | |||||||
Shrinking Bottles/ Melting Bottles | |||||||
S. 4 | |||||||
Zugleich wird der einzelne in vielen Installationen
Waldes direkt mit den Konsequenzen seiner Handlungen
und denen anderer Besucher konfrontiert, weil
sie das Werk unmittelbar verändern und weiterentwickeln.
Der kommunikative Akt, Aktion und Reaktion
werden von Projekten wie Tie or Untie, Can give me something oder NOFF #4 nicht nur herausgefordert, sondern sogleich inkorporiert,
so daß Handlung und Veränderung in ihrer Wirkung Bestandteil des Werkes werden. Viele dieser Projekte – und Tie or Untie ist das Paradebeispiel dafür – reisen mit den Ausstellungen Waldes um die Welt, erfahren eher einzelne Aufführungen (Walde spricht von „Enactments") als Installationen, und die Herausforderung an die Besucher ist jedes Mal wieder neu die Frage, ob und wie man sich zum Werk und zu den Handlungen vorheriger Benutzer in Beziehung setzen will. |
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– Erzählung als Dokumentation. Was in den Enactments geradezu zentrales Thema ist, findet sich auch in vielen anderen Werkkomplexen Waldes als wichtiger Motor: die Macht des Narrativen. Indem Martin Walde die Geschichten, die er zu erzählen weiß, jedoch eher diffus in den Raum stellt, sie raffiniert in Versuchsanordnungen zu verstecken weiß oder Erzählfäden abrupt abreißen läßt, ... (Fortsetzung nächste Seite) | |||||||
AutorInnen: | |||||||
Roland Nachtigäller |