Alien Substance | Monika Wagner | ||||||||
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Begriffe: | Damit rückt er naturwissenschaftliches und mythisches Wissen eng zusammen, ein in der westlichen Kultur wohl nur im Modus der Kunst akzeptiertes Verfahren. |
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To Carry Around | ||||||||
Tales of P.P. | Mit Schöpfungsmythen stehen nicht allein die Formen, sondern auch die Materialien der Hallucigenia in Verbindung: Die verschieden gestalteten Körper bestehen aus feinwandigem, transparentem Borosilikatglas und werden von leuchtendem, farbigen Plasma durchzuckt, so dass die Körper dieser in den unterschiedlichen Lichtfarben der Edelgase leuchtenden Urtierchen weder als Kontur noch als Oberfläche sichtbar werden. Vielmehr scheinen sie sich lediglich durch die Amplituden der Lichtimpulse zu bilden. In Schöpfungsmythen figuriert Licht stets als das zur Belebung der Materie nötige Elixier. Das wird in einer dunklen Umgebung umso deutlicher, da die eigentümlichen Tentakelwesen überhaupt erst durch das pulsierende Licht entstehen. Das lässt sie zugleich wie schwere-los schwebend erscheinen. Licht offenbart sich hier als genetisches wie energetisches Potential. |
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Production Limits | ||||||||
Worm Complex | ||||||||
Hallucigenia | ||||||||
Green Gel | ||||||||
Deadly Night Shade | ||||||||
Handmates | ||||||||
Alien Substance | ||||||||
Concoctions | ||||||||
Mit dem anderen, gewissermaßen materiellen Pendant der Schöpfungs- und Ursprungsmythen, dem »tellurischen Rohstoff« (Barthes) hat sich Martin Walde in einer ganzen Reihe von Arbeiten (9) befasst und dafür ein höchst eigenwilliges Material, nämlich ein Gel verwendet. Wie kein anderer Stoff stellen Gele Zwischenzustände, hybride Mixturen, dar: Sie sind durch die Ambivalenz zwischen fest und flüssig und in der Folge zwischen einem amorphem Zustand und der Formwerdung charakterisiert. Diese Uneindeutigkeit erzeugt den Gelen gegenüber häufig Empfindungen, die zwischen Fasz-ination und Ekel, zwischen Attraktion und Repulsion oszillieren. Ähnlich hatte Jean-Paul Sartre das Klebrige charakterisiert. (10) In Waldes Green Gel von 1989 und in vielen Varianten der Werkgruppe findet sich ein derartiges Material zwischen zwei Zuständen: Einerseits scheint es sich unaufhaltsam kriechend auf dem Boden auszu-breiten und allein dem Gesetz der Schwerkraft zu gehorchen. Doch andererseits birgt es entsprechend der Vorstellung von einer Art genetischen Ursuppe, aus der Leben entstand, potenzielle Formen in sich, die zum Ei, zum Frosch oder zu anderen Gestalten mutieren können. Auch im Frosch, dem amphibischen Wesen, das zwischen Wasser und Land lebt, und in verschiedenen Arbeiten Waldes auftritt, ist mythisches Potenzial enthalten, kann er sich doch als Märchenprinz entpuppen. |
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(9)Vgl. : Ausst.-Kat. : Martin Walde: Humming, hg. von Silvia Eiblmayr, Galerie im Taxispalais, Sabine Schaschl, Kunsthaus Baselland, Köln 2007, bes. S. 98 – 103. | ||||||||
(10)Der Text über das Klebrige stammt aus Sartres »Das Sein und das Nichts« (1943). Vgl.: Materialästhetik.Quellentexte zu Kunst, Design und Architektur, hg. von Dietmar Rübel, Monika Wagner, Vera Wolff, Berlin 2005 S. 254 – 257. |
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Sich ausdehnende, auf dem Boden kriechende Materialien waren schon in der Bodenskulptur der 60er Jahren erprobt worden. | ||||||||
AutorInnen: | ||||||||
Monika Wagner | (Fortsetzung nächste Seite) |