Alien Substance | Monika Wagner | |||||||
Fortsetzung von Seite 4 | |||||||
Begriffe: | Lynda Benglis hatte z.B. Skulpturen aus flüssigem, auf dem Galerieboden ausgegossenen Latex geschaffen, in dem sich die unterschiedlichen Farben wie in marmorierten Papieren ihren Fließgeschwindigkeiten entsprechend ausgedehnt zu haben scheinen. Demgegen-über hatte César (eigentlich César Baldaccini) seine Expansionen aus aufschäumendem, schnell erstarrendem Polyurethan realisiert. (11) Die Fließformen von Benglis glatten, flachen Bodenskulpturen oder die polierten Oberflächen von Césars erstarrten Expan-sionen rufen lediglich den Prozess der Polymerisation in Erinnerung, der mit dem der Werkherstellung identisch ist. Dagegen suggeriert Waldes Green Gel das Brodeln einer dynamischen, genetisch aktiven Masse. Zudem besitzt es wie weitere Arbeiten Waldes aus plastischen Materialien eine faszinierend ambivalente Farbigkeit, die einerseits Lebendigkeit signalisiert, anderseits die Grenze des ›Giftigen‹ tangiert. |
||||||
To Carry Around | |||||||
Tales of P.P. | |||||||
Production Limits | |||||||
Worm Complex | |||||||
Hallucigenia | |||||||
Green Gel | |||||||
Deadly Night Shade | |||||||
Handmates | |||||||
Alien Substance | |||||||
Concoctions | |||||||
Das besonders taktile Bedürfnisse herausfordernde Material erscheint in unterschied-lichen Zusammenhängen und Funktionen. Am direktesten wird die Formbarkeit des plastischen Gels für den Besucher erfahrbar, wenn er das Material – zwischen zwei trans-parenten Folien eingeschweißt und einem riesigen Bild vergleichbar an einer Wand montiert – mit dem Druck der eigenen Händen bearbeitet. Denn dadurch kann die plastische Zaubertafel unentwegt umgearbeitet werden. Gel erscheint dann wie eine »prima materia«, als Matrix aller möglichen Formen (Deadly Night Shade). | |||||||
Auch die Handmates, die u. a. 1997 auf der documenta X zu sehen und anzufassen waren, nutzen Gel, um damit die Suggestion von Lebendigkeit zu erzeugen. Die eiförmigen Elemente, die sich als Handschmeichler offerieren, bestehen aus einem mollusken Material, das ein Eigenleben zu besitzen scheint. Eine flexible, dünne Haut aus Latex schließt die darunter liegende Gelschicht, die einen festen inneren Acrylkern (12) umgibt, nach außen ab. Die Plastizität des Gels wird beim Hantieren durch Körper-wärme gesteigert. Die Eigenschaft der Gele, bei zunehmender Wärme fluider zu werden, ruft in Verbindung mit der Eiform Ursprungsfantasien und die Genese von Lebendigem wach. Die taktile Pflege der Handmates funktioniert gewissermaßen als ein »schneller Brüter«. |
|||||||
Es geht also in Waldes Arbeiten immer wieder um Schöpfungsmythen und Ursprungs-fantasien, an deren Evokation die Materialität und der Aggregatzustand der Substanzen einen wesentlichen Anteil haben. Insbesondere Gele, also makromolekulare zwischen den vertrauten Aggregatzuständen, sind dafür geradezu prädestiniert, besitzen sie doch eine auch literarisch einschlägige Tradition, ... (Fortsetzung nächste Seite) | (11)Vgl. : a.a.O. Wagner: Das Material der Kunst – eine andere Geschichte der Moderne, S. 46 f.,194 f. |
||||||
AutorInnen: | (12)Ausst.-Kat. : Martin Walde, Städtische Galerie Nordhorn, 2003, S. 36. |
||||||
Monika Wagner |